Häufig hört man insbesondere Frauen klagen: „Warum glaubt mein Arzt mir meine Beschwerden nicht, schaut mich ungläubig an und hält alles für nicht so schlimm oder für psychosomatisch?“ Diese Reaktionen erleben Frauen ganz besonders häufig, wenn sie sich wegen Stuhlgangproblemen, Blähbauch oder diffusen schwer lokalisierbaren und wechselhaften Bauchschmerzen in Behandlung begeben. Dann werden sie zum Opfer von Medical Gaslighting. Dann fallen nicht selten Sätze wie: „Das haben viele Frauen besonders in Ihrem Alter“ oder „Nach dem Klimakterium verschwindet das wieder“ oder nach einer ergebnislosen Darmspiegelung: „Sein Sie froh, daß Sie keinen Krebs haben!“.

Hier stellt sich zurecht die Frage, warum das insbesondere darmkranken Frauen widerfährt. Ist das wirklich reine Empathielosigkeit, Gleichgültigkeit oder vielleicht aber auch Unkenntnis der wahren Hintergründe?
Daß Frauen in der Medizin oft schlechter behandelt werden als Männer, das ist leider eine Tatsache. Nicht ohne Grund wird der Ruf nach einer weiblicheren Medizin immer lauter. Wußten Sie, daß es in vielen Bereichen der Medizin keine separaten Normdaten für Frauen gibt, wenn wir von den Hormonwerten in der Labormedizin einmal absehen?

Ja, ich bin mir sicher, daß insbesondere bei den sehr differenten Darmbeschwerden der Frauen große Unsicherheit und z.T. auch Unkenntnis bei Ärzten und medizinischem Personal besteht. Ich kann das zurecht behaupten, weil ich in den vergangenen über 30 Jahren viele Tausend Ärzte in meinen Seminaren bundesweit kennengelernt habe – und nicht zuletzt deshalb diese Seminare ausrichte!

Das Problem ist unser unglaublich komplexes und individuelles Mikrobiom im Darm. Anatomisch sind wir Menschen von wenigen Normabweichungen einmal abgesehen alle mit dem gleichen Röhrensystem Darm ausgestattet. Ein gespülter Darm sieht bei einer Darmspiegelung nahezu immer gleich aus. Was uns aber unterscheidet ist das Mikrobiom darin, das bei keinem gleich aussieht!
Ein Mikrobiom haben natürlich Männer wie Frauen gleichermaßen. Warum aber leiden Frauen deutlich häufiger unter Darmproblemen? Weil ihr Darm, wen wird es wundern, weit intensiver einer hormonellen Steuerung unterliegt. Und wenn Sie einen Moment überlegen, wird Ihnen auch klar warum! Während einer Schwangerschaft muß der Darm u.a. die Nährstoffaufnahme für Mutter und Kind sichern, muß intensiver arbeiten und das unter deutlich eingeengten Verhältnissen insbesondere gegen Ende der Schwangerschaft. Dafür ist u.a. das steuernde Schwangerschaftshormon Progesteron zuständig, das auch außerhalb der Schwangerschaft auf den Darm regulierend wirkt. Und deshalb hat der weibliche Darm auch deutlich mehr Progesteronrezeptoren. Unglücklicherweise schwankt der natürliche Progesteronspiegel in jedem Zyklus und fällt im Klimakterium sehr stark ab.

All das mag erklären, warum Darmbeschwerden bei Frauen schwer einzuschätzen sind und durch ihre wechselhafte Intensität oft nicht ernst genommen werden.

Mein Rat:

Sollte Ihnen Medical Gaslighting widerfahren, bleiben Sie standhaft, lassen sich nicht abweisen, denn Sie kennen Ihren Körper besser, als jeder Arzt. Nicht immer ist es Empathielosigkeit, aber vielleicht Unkenntnis dieser Zusammenhänge, die Ihre Beschwerden von Therapeuten falsch einschätzen läßt.