Autoimmunkrankheiten nennt man Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen sein eigenes Gewebe richtet. Zu ihnen zählt man z.B. Rheuma, Multiple Sklerose, Hashimoto-Thyreoiditis, Schuppenflechte, Diabetes Typ I und die Colitis ulcerosa.
Aktuelle universitäre Studien – ja, Sie lesen richtig, die Bedeutung des Mikrobioms ist in den Universitäten angekommen – zeigen, daß womöglich sogar alle Autoimmunkrankheiten direkt oder zumindest indirekt von einem gestörten Mikrobiom verursacht werden! Wissenschaftliche Arbeitsgruppen u.a. an der Universität in Kiel z.B. unter Leitung des Zoologen Prof. Dr. rer. nat. Thomas Bosch erforschen, mit welchen Botenstoffen die Darmbakterien unser Immunsystem manipulieren. Schon lange wissen wir von der positiv immunstimulierenden Wirkung gewünschter Kulturen, die wir täglich als Probiotika in der Praxis einsetzen. Nur kennen wir bisher nicht den Mechanismus, wie die Bakterien es anstellen. Daß es über Botenstoffe geschehen muß, das ist uns allen klar, da die Bakterien im Darm leben und unseren Organismus nicht betreten.
Ich persönlich vermute, daß unser Mikrobiom über tausende verschiedener Botenstoffe auf all unsere Körperfunktionen im Guten wie im Bösen Einfluß nimmt. Wenn, wie jüngst nachgewiesen, Fehlbesiedlungen in der Mundhöhle Bluthochdruck auslösen können (…Sie haben richtig gelesen!), dann könnten Störungen im Mikrobiom auch Demenz und Krebs auslösen, meinen Sie nicht?
Schon vor über 30 Jahren fiel mir auf, daß Darmkranke relativ häufig an Schilddrüsenstörungen litten. So machte ich mir zur Regel, diesen Patienten die Schilddrüsenhormone zu bestimmen und auf Verdacht auch Antikörper gegen Schilddrüsengewebe, mit denen man die Autoimmunkrankheit Hashimoto-Thyreoiditis nachweisen kann. Anfänglich überraschte und verunsicherte es mich sehr, daß ich in unserer Praxis überdurchschnittlich viele Hashimoto-Fälle entdeckte. Doch dann wurde mir zunehmend klar, daß ich auch überdurchschnittlich viele Darmkranke mit einem gestörten Mikrobiom behandelte.
Oft beschrieben Patienten unter erfolgreicher Darmsanierung eine deutliche Verbesserung der rheumatischen Beschwerden. Psoriasis-Patienten freuten sich über geminderte Schuppung und Rötung der gequälten Hautpartien. Selbst an Multipler Sklerose erkrankte Patienten berichteten häufiger über eine Minderung ihrer neurologischen Symptome. Zu dieser Zeit war mein künftiges Credo geboren: Darm krank – alles krank.
Nun erklärt die universitäre Wissenschaft einmal mehr, was wir in der Erfahrungsheilkunde schon lange wußten. Denn der Darm leistet mit seinem schleimhautständigen Immunsystem ca. 95% aller Immunleistungen in unserem Organismus! Ist dieses System überlastet – ist die Darmschleimhaut eine „Baustelle“ mit einem gestörten Mikrobiom – überdreht u.U. das Immunsystem und Autoimmunkrankheiten entstehen.
Diese neue Erkenntnis sollte künftig Therapeuten wie betroffene Patienten unbedingt dazu bewegen, zumindest einmal mittels einer Mikrobiomanalyse hinter die Kulissen zu schauen. Dabei sollte es kein Ausschlußkriterium sein, wenn Patienten keinerlei Bauchbeschwerden haben. Störungen des Mikrobioms können auch lange Zeit unbemerkt entstehen.
Sie können sich sicher denken, daß ein gesunder Darm und ein ausgeglichenes Immunsystem Autoimmunkrankheiten vermeiden helfen kann. Darum kann eine Darmsanierung und die damit verbundene Entlastung des Immunsystems autoimmune Reaktionen mindern oder sogar beseitigen.