Hefen wie die Candida albicans und ihre Verwandten sind fester Bestandteil unseres Darm-Mikrobioms. Mit bis zu 1000 Hefen/g Stuhl sind sie in jeder unserer Stuhlproben nachweisbar und das ist auch gut so. In einem intakten Darmmilieu können sie sich nicht unkontrolliert vermehren. Sie gelten als sog. Opportunisten, vermehren sich nur, wenn andere Keime das zulassen, wir sie übermäßig mit Kohlenhydraten füttern. Nur dann können sie uns gefährlich werden. Besonders unter Antibiotikatherapien blühen sie gern auf, wenn normalerweise sie bremsende gewünschte Kulturen wie unsere Laktobazillen der Antibiose zum Opfer fallen. Die Folgen einer Candida-Vermehrung sind zumeist eine verstärkte Gasbildung durch Gärungsprozesse. Man leidet dann zunächst nur unter einem Blähbauch. Besteht diese Fehlbesiedlung länger, dann können die Stoffwechselprodukte der Hefen uns schon gehörig zu schaffen machen, sobald sie über die Blut- und Lymphbahnen unseren gesamten Organismus überschwemmen. Sie erzeugen neben Muskel- und Gelenkbeschwerden am häufigsten massive Erschöpfungszustände, die durchaus einem Burn-out ähneln können. Von der Gefährlichkeit überwuchernder Hefen im Darm wissen wir ganzheitlich behandelnde Therapeuten schon sehr lange.
Nun erfahren wir aus neuen Studien von einer ganz anderen Gefahr durch Candida-Hefen. In der Ursachen- und Verlaufsforschung von Covid-19-Infektionen ging man u.a. der Frage nach, warum z.B. in einer Familie unter gleichen Bedingungen nicht alle Personen erkrankten. Ganz offensichtlich gab es einen Unterschied in der Immunantwort. Und hier kommen die Candida-Hefen ins Spiel. Man fand bei den Corona-Kranken eine auffällig hohe Zahl im Stuhl und hohe Antikörper gegen die Hefen im Blut sowie eine erhöhte Durchlässigkeit der Schleimhaut (Leaky-gut). Dieses führt zu einer Immunantwort mit der Ausschüttung von Botenstoffen (Interleukine wie z.B. IL-6), die über bestimmte weiße Blutkörperchen (Neutrophile) bei Kontakt mit Viren übertriebene Entzündungsreaktionen in Gang setzen. Diese Reaktionen fanden ganz offensichtlich bei Corona besonders an den Atemwegsschleimhäuten statt und sorgten für besonders schwere Verläufe.
Es ist sicher davon auszugehen, daß diese Befeuerung durch Candida-Hefen nicht auf Covid-19-Infektionen begrenzt ist. So könnten auch z.B: die Influenza-Infektionen nach dem gleichen Muster unterschiedliche starke Krankheitsverläufe zeigen. Womit wir wieder bei dem Thema „Darm krank – alles krank“ wären.
Meine Anmerkung zu den Forschungsergebnissen:
Ich bin mir sicher, daß nicht nur die Candida-Hefen Infektionskrankheiten befeuern können. Aus dem Darm-Mikrobiom können auch diverse Gär- und Fäulnisbakterien feuern! So ist beispielsweise bekannt, daß bei einem Leaky-gut diese Bakterien eine ähnliche Immunantwort über Botenstoffe auslösen, die Entzündungen in Form von Allergien entstehen lassen können.
Aber überraschend ist das doch alles nicht, wenn wir bedenken, daß mehr als 80% unseres immunologisch aktiven Gewebes in der Darmschleimhaut zu finden sind!***
Mein Rat:
Vielleicht sollten wir alle nicht so sehr über die Impfungen gegen virale Infektionskrankheiten nachdenken, sondern eher unser Immunsystem und dessen Störfaktoren im Auge behalten.
Wir Therapeuten sollten keinesfalls die Bedeutung von Dysbiosen u.a. durch Candida-Hefen unterschätzen!
***während ich diesen Newsletter verfasse, wird soeben eine Studie veröffentlicht, die meine obige Anmerkung bestätigt, daß diverse Darmbakterien Virusinfektionen befeuern können:
„Die Programmierung von Alveolarmakrophagen durch das Darm-Mikrobiom beeinflusst den Schweregrad der Atemwegs-Virusinfektion“
Veröffentlicht:30. Januar 2024DOI:https://doi.org/10.1016/j.chom.2024.01.002