Läßt uns eine mangelhafte Mund- und Zahnpflege tatsächlich dement werden? Können bestimmte Bakterienstämme im Mundmikrobiom gefährliche Entzündungen in unserem Gehirn auslösen? An der Kieler Christian-Albrechts-Universität und der Universitätsklinik Schleswig-Holstein sind Forscher diesem Phänomen auf der Spur. Dabei sind diese Erkenntnisse vielleicht doch gar nicht so überraschend. Sagt nicht der Volksmund, daß alle Entzündungen und Infektionen am Kopf besonders gefährlich auch für das Gehirn seien? Dann sollten uns Fehlbesiedlungen in der Mundhöhle als Brutstätte gefährlicher Infektionen nicht überraschen.

Schon länger weiß man von dem außerordentlich hohen Artenreichtum im Mundmikrobiom, das ganz offensichtlich sogar komplexer als das Darmmikrobiom ist. Dabei beheimatet jede Region, ob auf oder unter der Zunge, ob auf der Gaumenschleimhaut oder der des Rachens, ihr eigenes typisches Mikrobiom. Ein ganz besonders kritische Keimbesiedlung findet sich am Zahnhals und in den Zahnfleischtaschen, die gern Verursacher einer Paradontitis sein kann.
Und wenn man dann die enge Lageziehung zwischen Mundhöhle und Gehirn bedenkt, also eine kurze Verbindung über Blut- und Lymphbahnen, dann sollte uns die Hirnschädigungen durch entzündungsfördernde Mundbakterien nicht wundern.

Und genau das sind die Grundlagen neuerer Forschungsergebnisse. Es scheint offensichtlich ein engen Zusammenhang zwischen Mikrobiomstörungen und Demenz bzw. Alzheimer-Krankheit zu geben. So wie man von der entzündungsfördernden Wirkung gestörter Darmbakterien auf das Gehirn mit der Folge der Multipler Sklerose weiß. Bei all diesen neurologischen Erkrankungen ist die Basis eine Entzündung und Abbau von Nervenzellen.

Nun fand man heraus, daß schon Jahre vor den ersten Demenzsymptomen das Mund-Mikrobiom auf typische Weise verändert ist. Diese Erkenntnis macht Hoffnung über eine Therapie des Mikrobioms mit Probiotika und veränderter Ernährung diese Erkrankungen aufhalten zu können. Im besonderen Fokus steht dabei die Paradontitis und die bakterielle Besiedlung von Zahnfleischtaschen, die eine Brutstätte für entzündungsfördernde Toxinbildung sein können. Dieses würde besonders den älteren Menschen betreffen, dessen altersbedingte erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke diese Toxine leichter das Gehirn erreichen läßt.

All diese Erkenntnisse lassen die dringende Notwendigkeit sorgfältiger und gründlicher Mund- und Zahnpflege in einem neuen Licht erscheinen.

Mein Rat:

Den Rat kann ich mir doch eigentlich schenken, denn jeder sollte um die Notwendigkeit einer regelmäßigen Zahnpflege und zahnärztlicher Zahnprophylaxe wissen. Neu mag nur der Gedanke sein, daß wir mit frischen Zähnen unter Umständen auch im Gehirn frisch bleiben!