„LDL-Cholesterin: Ärzte, warum so nachlässig?“ Unter dieser Überschrift wurde unlängst ein Fachartikel für Ärzte veröffentlicht, in dem ein Frankfurter Ordinarius anläßlich einer Tagung zweier internistischer Fachverbände allen Ernstes behauptete, nicht wie bisher 5 Millionen Deutsche bräuchten Cholesterinsenker (Statine), sondern ca. 20 Millionen!? Mit dem kühnen Argument, daß erhöhte sog. LDL-Cholesterine Arteriosklerose auslösen würden, könnten alle Diabetiker und alle Herz- und Gefäßkranken von Cholesterinsenkern profitieren.
In Deutschland leben ca. 83 Millionen Menschen, davon sind laut statistischem Bundesamt ca. 20 Millionen unter 24 Jahren alt und zählen eher nicht zur Arteriosklerose-Risikogruppe. Dann würde das also bedeuten, daß jedem 3. von uns ein bekanntlich nebenwirkungsreicher Cholesterinsenker empfohlen wird. Da läßt doch die Pharmaindustrie grüßen, denn diese gewiß gut honorierte Empfehlung bietet die Lizenz zum Gelddrucken auf dem Rücken der Patienten!
Nun aber einmal zu den Fakten. Es gibt eine in vielen Studien bewiesene Korrelation zwischen dem erhöhten sog. „schlechten“ LDL und einem erhöhten Herz-Kreislaufrisiko in Form der Arteriosklerose. Das stimmt, aber einen kausalen Zusammenhang konnte man bisher nicht sicher beweisen! Außerdem gibt es immer mehr Hinweise dafür, daß nicht das gesamte LDL krank machen kann, sondern nur bestimmte Untergruppen, während andere sogar nützlich sind. Und wirklich problematisch wird es meist nur, wenn das LDL oxydiert. Sie sehen, die Geschichte ist wesentlich komplexer und detaillierter zu betrachten. Es ist also falsch pauschal nur vom „bösen“ LDL zu sprechen und damit eine Therapie zu legitimieren.
Seit der berühmten sog. Framingham-Studie 1948 in den USA stehen insbesondere die gesättigten Fette und die cholesterinhaltigen NM am Pranger. Als in den vergangenen Jahren daran deutlicher Zweifel aufkam und die Kohlenhydrate in den Fokus gerieten, überprüfte man erneut die alten Unterlagen der Framingham-Studie. Und wissen Sie, was man herausfand? Schon damals standen Zucker und die Kohlenhydrate als indirekte Verursacher der Arteriosklerose im Verdacht. Dieser wurde nur heruntergespielt, weil die Zuckerindustrie die Forschung finanzierte!
Längst sollte uns allen bewußt sein, daß eine sehr kohlenhydratreiche Kost u.U. viel gefahrvoller sich auf unseren Cholesterinspiegel auswirken kann, als es Fette je können. Zu diesen Ergebnissen kommt u.a. die PURE-Studie am Population Health Research Institute in Hamilton/Canada.
Hier nun mein persönlicher Rat:
Statt jedem 3. einen Cholesterinsenker zu verordnen, sollte man sich eher um die vielfältigen Ursachen der Arteriosklerose kümmern. Und sollte das Gesamt-LDL wirklich erhöht sein, dann muß man sich fragen, ob es sich wirklich um den krankmachenden Anteil handelt (den man übrigens messen kann!).