Der aktuelle Hype um die Gefahren des Alkoholgenusses vermittelt den Eindruck, als würden wir erst jetzt zu der Erkenntnis gelangt sein, daß der Alkohol gesundheitsgefährdend sei. Das ist natürlich nicht so, wie wir doch wohl alle wissen. Alkohol ist toxisch für alle Gewebe, besonders für Leber und Gehirn. Darum gibt es weiß Gott keinen Grund diese Tatsache zu verharmlosen. Die alleinige Frage ist doch nur, ab welcher Menge Alkohol für uns gesundheitsgefährdend wirkt?

Wie bei den Medikamenten gilt auch hier „die Menge macht das Gift“. Und was bislang als tolerierbar galt, das ist bei renommierten Quellen nachzulesen. So deklarierte die Bundesärztekammer zusammen mit der BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) einen risikoarmen Alkoholgenuß bei Frauen von 12g täglich und für Männer von 24g täglich.

In der 2023 aktualisierten PREDIMED-Studie wird der mediterranen Kost nicht zuletzt wegen der im Wein enthaltenen Polyphenole ein um 30% reduziertes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen attestiert. Polyphenole und Resveratrol im Rotwein mindern das Gefäßrisiko bei 50g Alkohol pro Woche am stärksten. Erst ab 100g pro Woche steigt das Gefäßrisiko wieder.

Und nun sollen all diese Erkenntnisse nicht mehr gelten, nur weil u.a. die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) und die Ernährungs-Docs neuerdings null Alkohol propagieren? Nein, so einfach ist das nicht, denn schädigend ist, was eine gesunde Leber nicht mehr entgiften kann. Denn wir sind nämlich keinesfalls wehrlos gegenüber dem Alkohol! Wir bevorraten nicht ohne Grund ein Arsenal von alkoholabbauenden Enzymen (sog. Alkoholdehydrogenasen) in der Leber. Ich gebe zu bedenken, daß wir alle ständig in unserem Darm im Rahmen von Gärungsprozessen mehr oder weniger Alkohole bilden. Immerhin kann das bis in den Promillebereich gehen. Allein daran mag man erkennen, wie komplex das Thema ist. Die Verträglichkeit des getrunkenen Alkohols hängt nämlich von internen Stoffwechselgeschehen wie z.B. Kohlenhydratverwertung und Gärungen im Darm ab. So beschreiben regelmäßig Patienten, die an gärfreudigen Candida-Hefen im Darm leiden, daß sie alkoholische Getränke nicht mehr vertragen und schon von kleinen Mengen betrunken werden. Hier ist der Alkoholabbau in der Leber am Limit, sodaß er ungebremst das Gehirn erreichen kann. Ganz besonders heftig leiden Patienten mit dem sog. Selbstbrauer-Syndrom unter dem Gärkessel Darm.

p.s.: Die DGE führt als Beweis für die Gefahr selbst kleiner Alkoholmengen an, daß schon nach 4 Wochen Karenz sich die Leberwerte normalisieren. Ich veranlasse bekanntlich sehr viele Laboruntersuchungen und finde bei nahezu all meinen Patienten mit mäßigem Alkoholkonsum absolut normale Leberwerte! Nun können Sie sich denken, was die Argumente der DGE wert sind.

Mein Rat:

Gewiß sollten wir beachten, daß Alkohol eine potentiell toxische Substanz ist, mit der unser Organismus fertig werden muß. Aber in Maßen konsumiert, will heißen täglich ein Glas Wein oder eine Flasche Bier, sollte uns der Alkohol nicht sonderlich schaden.
Was die Prohibition nicht vermochte wird der DGE ebenso wenig gelingen – uns den Genuß zu vergällen.