Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen schon lange im Fokus medizinischer Forschung, denn immerhin stellen sie die häufigste Todesursache in Deutschland mit 40% aller Sterbefälle dar. Dabei konzentrierten sich bisher alle Überlegungen auf die hinlänglich bekannten Risiken wie z.B. Bewegungsmangel, Übergewicht und Fettstoffwechsel. Wer kennt nicht die quälenden Forderungen insbesondere der Kardiologen nach möglichst niedrigen Cholesterinwerten? Dabei gibt es bekanntlich erhebliche Lücken in der Beweiskette hinsichtlich der Zusammenhänge von erhöhtem LDL und Arteriosklerose. Aber als Hauptfeind für den gesunden Menschen gilt nach wie vor das Cholesterin, da es an Entzündungsprozessen der Blutgefäße beteiligt sei.
Nun stellt sich beim Thema Entzündungen natürlich die Frage, wer ist da noch beteiligt. Bisher wurde die Ernährung insbesondere aus dem Blickwinkel der Fette als Verursacher gesehen. Und das ist ganz offensichtlich zu kurz gedacht, denn einerseits ist unsere Kost weit komplexer, als es nur auf die Fette zu reduzieren. Andererseits werden all unsere Speisen ganz erheblich durch unser Mikrobiom verändert. Und die Spaltprodukte unserer Nahrung einschließlich der Stoffwechselprodukte unserer Darmbakterien entscheiden über Krankheit oder Gesundheit. Darüber sollte es mittlerweile keinen Zweifel mehr geben!
Wie Sie spätestens aus meinen letzten Newslettern wissen, erkennen wir die Bedeutung unseres Mikrobiom am deutlichsten bei der Verwertung unserer Ballaststoffe aus Obst, Gemüse und Vollkorn. Bekanntlich könnten wir Menschen diese absolut nicht verdauen, pflegten wir nicht ein Heer von ballaststoffspaltenden Darmbakterien. Nur mit deren Hilfe können wir die wertvollen Inhaltsstoffe nutzen und erhalten zusätzlich aus dem Spaltungsprozeß die für uns so notwendigen kurzkettigen Fettsäuren. Wie z.B. die Propionsäure, von der ich im vorletzten Newsletter im Zusammenhang mit der Multiplen Sklerose berichtete.
Kaum zu glauben, aber selbst die universitäre Medizin erforscht u.a. die Bedeutung der von Darmbakterien gebildeten Propionsäure im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen!
Unter Federführung der Uni Mainz besteht ein großes wissenschaftliches Verbundprojekt unter Beteiligung mehrerer Universitäten mit dem Ziel den Einfluß der Darmbakterien auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erforschen. Erste Ergebnisse zeigen die Bedeutung ballaststoffreicher Ernährung.
Aufmerksam wurde man bei Patienten mit Vorhofflimmern, bei denen man anders als bei gesunden Menschen ein verändertes Mikrobiom fand. Dabei entdeckte man entzündungsfördernde Stoffwechselprodukte (Lipopolysaccharide und TMAO) von Darmbakterien im Blut und im Herzvorhofgewebe!
Im Fokus der Forschung stehen deshalb durch bakterielle Toxine ausgelöste Entzündungen in Leber und Knochenmark. Letzteres ist deshalb für das Herz-Kreislaufsystem von Bedeutung, weil dort u.a. auch die Bildung der Thrombozyten stattfindet und somit auch die Risiken für Thrombosen im Gefäßsystem begründet sein können.
In der Kardiologie wird deshalb mittlerweile ernsthaft darüber nachgedacht auch die Mikrobiomanalyse mit in die Prophylaxe von Herz-Kreislauferkrankungen mit einzubeziehen. Welch ein bemerkenswerter Sinneswandel!
Mein Rat:
Wiederholt kann ich nur raten mit Obst, Gemüse und Vollkorn ausreichend Ballaststoffe zu verzehren – mit dem Bewußtsein nicht nur gesund zu essen, sondern auch unsere gewünschten Darmbakterien zu füttern. Diese können ganz offensichtlich helfen in unserem Herz-Kreislauf-System uns vor Entzündungen und damit vielleicht vor einen Herzinfarkt zu bewahren.