Mittlerweile vergeht kaum ein Monat, an dem nicht zum Thema „Darm krank – alles krank“ neue Forschungsergebnisse veröffentlicht werden. Nun müssen wohl oder übel auch alle medizinischen Fachrichtungen daran glauben, die sich mit Knochen und deren Stabilität befassen (sollten) – also Orthopäden, Chirurgen, Osteoporose-Spezialisten und Physiotherapeuten.
Wobei es eigentlich niemanden wundern sollte, daß der Darm auch an der Knochengesundheit beteiligt ist. Auch ohne Medizinstudium sollte einem der gesunde Menschenverstand schon sagen, daß eine Versorgung u.a. mit Calcium, Vitamin D und K2 ohne eine intakte Nährstoffaufnahme über den Darm nicht möglich wäre. Nun mag der ein oder andere unter Ihnen einwenden der Darm sei überbewertet, da ohne Herz oder Lunge auch nichts funktionieren würde. Das ist richtig, aber das Besondere am Darm ist nun einmal, daß er im Gegensatz zu jedem anderen Organ auch noch ein für uns lebensnotwendiges Mikrobiom in sich trägt!
Ist dieses Mikrobiom nun im Sinne einer sogenannten Dysbiose gestört, dann können bestimmte Darmbakterien das sensible Gleichgewicht zwischen Knochenabbau und Aufbau ganz empfindlich stören. Dieser Zusammenhang wurde im Marcus Institute for Aging Research in Bosten in einem Forschungsprojekt im Rahmen des neuen Wissenschaftszweiges Osteomikrobiologie bewiesen. So fand man eine eindeutige Korrelation zwischen der Häufigkeit bestimmter Darmbakterien und der Knochendichte. Demnach mindern einige Clostridienstämme und Akkermansiabakterien die Knochendichte, während z.B. Faecalibakterien sie erhöhen sollen.
Es ist schon länger bekannt, daß unsere Hauptquelle für das so wichtige Vitamin K2 (es sorgt für die Verwertung des vom Vitamin D aus dem Darm an den Knochen transportierte Calcium innerhalb des Knochens) die Stoffwechselprodukte unserer Darmbakterien sind. Nun erkannte man auch noch die für die Knochendichte relevanten sog. kurzkettigen Fettsäuren, die unsere Darmbakterien bei der Verwertung von Ballaststoffen entstehen lassen.
Dessen nicht genug beeinflussen unsere Darmbakterien unser darmwandständiges Immunsystem über sog. T-Lymphozyten, die ihrerseits die Aktivität von knochenabbauenden (Osteoklasten) und knochenaufbauenden (Osteoblasten) Knochenzellen in ihrer Aktivität beeinflussen.
Ja, Sie haben richtig gelesen. Wir brauchen ein Leben lang auch gewünschte knochenabbauende sog. Osteoklasten. Unsere Knochen sind nämlich nicht annährend so alt wie wir selbst! Um ihre Stabilität zu sichern befinden sie sich in einem ständigen Umbau, wobei normalerweise der Ab- und Aufbau der Knochensubstanz in einem Gleichgewicht steht. Überwiegen u.a. unter dem schlechten Einfluß bestimmter Darmbakterien die Osteoklasten, dann sprechen wir von Osteopenie oder Osteoporose.
Mein Rat an Patienten:
Sorgen Sie neben reichlich Bewegung (fördert den Knochenstoffwechsel) und der Zufuhr ausreichender Mengen Calcium, Vit. D3 (mind. 3-4000IE tgl. und Vit- K2 (100mg tgl.) auch für ein stabiles Darmmilieu. Sind Sie im Zweifel diesen Forderungen zu genügen, dann gibt es spezielle Laboruntersuchungen, die das für Sie klären.
Mein Rat an Therapeuten:
Da bei den meisten Kollegen nur bruchstückhaftes Wissen über diese oben beschriebenen Zusammenhänge besteht, sollten wir mikroökologisch-ganzheitlich behandelnden Therapeuten zumindest bei unseren Patienten Aufklärungsarbeit leisten und entsprechend therapieren.